Charakter: Valentine
Ort: Himmelsgarten
Da lagen sie vor ihm… diese beiden Farben, die er so sehr liebte – diese Farben, welche den Blick seiner klaren Augen zu bannen wussten, als sprechen sie stumme Zauberformel in Form des einzigen Schlüssels, wie er in das Schloss zu den tiefsten Winkeln seines Denkens gehörte und ihn der Ketten beraubte, die er sich selbst Tag für Tag anlegte, wie man es ihn irgendwann einmal gelehrt hatte.
Diese Farben, wie sie nun so weich und zerbrechlich auf den schlanken, behandschuhten Fingern ruhten – von selbigen gehalten, wie auch geborgen – von ihnen geschützt.
Das Rauschen von bewegten Wassern hing noch irgendwo in seinen Ohren, hielt sich dort fest, als führte es einen hartnäckigen Kampf gegen das Streben seines Verstandes in ferne Weiten, die er sich bloß selbst zu malen wusste und lediglich aus diesen beiden Farben bestehen wollten, um wie zwei Säulen die Grundfesten jener Werte zu bilden, die sich einem Magneten aus Pol und Gegenpol gleich aneinander aufrieben – ein kosmisches Chaos in ihm, und aus jeder Faser seines Körpers ein Schlachtfeld aus tobenden Gefühlen anzurichten, die aneinander rissen, ohne sich zu zerreißen.
Zerreißen wollte sein analytischer Verstand auch dieses Bild vor sich, welches er Millimeter für Millimeter mit dem Blick betastete – Absatz für Absatz, Fläche für Fläche zu ergründen, als wäre es die Gänze, an welcher er stets zu scheitern drohte, um die grundeigensten Naturgesetze zu erfüllen, die dieses Konstrukt zusammenhielten, welches sein eigener Name bedachte.
Sein Name… im Grunde bestand doch sein Name nicht aus Ziffern – eine Existenz würde niemals aus Ziffern bestehen können, das tat sie nicht gestern, nicht heute und morgen würde sie es auch nicht. Sie bestand aus dieser einen Farbe – diese eine Farbe, welche die wallenden Ströme in seinem Innern verkörperte, wenn er sie über sich hereinbrechen ließ, um der Welt um sich herum ihren ganzen Zorn und jegliche ihrer Kräfte zu zeigen, welche ihm zur Verfügung standen und stets nichts zu hinterlassen vermochten als blanke Zerstörung und die eigene verquere Ordnung, die jedes Ding einem anderen gleich machte, so es erst einmal in kalter Asche lag und wusste, dass das letzte, was es erblickt hatte diese eine Farbe hatte sein sollen, die dort nun so voller Schönheit vor ihm lag.
Schönheit… dieses eine Wort und was es in ihm zu bewegen vermochte, wirkte einem Schwall klärender Kälte gleich – wie eine laue Sommerbrise, die womöglich wirklich über ihn hinwegwehte – auf seine Sinne ein, um sie zu besänftigen, wie… ja… wie diese zweite Farbe, die es doch stets vermochte, jeden sich vor ihm aufbäumenden Instinkt zur Ruhe zu zwingen – ihn zu halten, wenn er nicht wusste, wonach er greifen sollte, so er einmal blind und taub vor Allem zurückblieb, was er weder hören noch sehen wollte – ihn zu fesseln, wenn er sich selbst dazu antrieb, sich vor allen selbsterklärten Lastern seiner Welt abzuwenden und ihnen voller Nichtachtung davonzulaufen.
Er ertappte sich dabei, wie die Kuppe seines Daumens zaghaft diese schmale Gerade passierte, deren Farbe ihn so sehr an zwei offenstehende Fenster erinnerte – keine Fenster, durch welche Elysea sein Licht hinein zu schicken vermochte, denn solche, durch welche man ihm entgegen sehen konnte, um es in all seinen Farben zu sehen, die Valentine so fremd waren.
Er wollte sie nicht – keine von ihnen, wie sie den Himmel malten oder die Gipfel der entferntesten Bergketten. Nicht jene, welche über Tag oder Nacht entschieden, so man dem höchsten aller Zelte bei seinem launischen Wechselspiel zusah. Für ihn gab es nur dieses eine Bild, wie es doch so vollkommen für ihn anmutete, als dürfe Nichts und Niemand hineinbrechen, um es zu stören…
Dieses eine Bild… ein Bild, wie es auch ein stiller Betrachter hätte beschreiben können, der die Gestalt des Magiers dort beobachtete in der frühmorgendlichen Stille des Himmelsgartens – niedergelassen auf dem erhöhten Rand eines der Beete und den Blick über Momente hinweg verloren auf diesen unscheinbaren Strang einer Omblicblüte aus Rot und Grün.
« Im FieberwahnDer Weg der Ungewissheit »