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  • Autor: Valentine
  • Veröffentlichung: 03.11.2012 15:41
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2012

Zwischen Gedanken und Lyrik

Charakter: Valentine
Ort: Bibliothek der Weisen

-Tick… tack… tick… tack… tick…- Stets von Neuem diese Abfolge, wie sie in seinen Ohren längst zu einem rauschenden Echo verschwamm. Die klaren Augen zu nicht mehr denn zwei roten Sicheln geschlossen, während der Kopf langsam nach vorn sank – sich ruckartig hob, um die gleichfarbigen Strähnen seines Haares in Bewegung zu bringen und ihn dämmrig in den Seitenraum der Halle zurücksehen zu lassen, in welchem er eine weitere Nacht – und ein weiteres Mal sicherlich bereits seit Stunden – saß. Das recht schwere, in verblichenes Leder eingebundene, Buch musste ihm beinahe von seinem Schoß gerutscht sein, sodass er seine Linke einen trägen Moment lang verspätet, aber doch hastig auf die bloßliegenden Pergamentseiten niederfahren ließ, um sie vor einem Sturz zu bewahren. „Wie lange...?“, hörte er die eigene, müde Stimme hinter seiner Stirn aufkeimen und erstickte den Gedanken doch, noch ehe er sich einen Weg durch seine Gehirnwindungen hätte bahnen können. Es machte keinen Unterschied, so er sich der Stunde des Tages gewahr würde – nicht ob sich der Himmel über den Türmen Sanctums bereits verdunkelt hatte oder ihm nur mehr ein streunendes Tier auf den Straßen begegnete, so er seinen Rückweg antrat.

Die schlanken Fingerspitzen fuhren über die Seiten – hinterließen einen dünnen, glänzenden Streifen aus Tinte, während sich seine recht spröden Lippen schmälerten, um sie mit der Zungenspitze zu befeuchten. Was tat er hier? Er wusste, dass er früher oder später schlafen müsste, um seinem Geist Ruhe zu gönnen. Es schmerzte bereits hinter seiner Stirn – ein lähmendes Pochen, wie es sich seinen stillen Weg bis tief in seinen Körper bahnte und doch gab es dort diese eine Frage, welche ihn seit so langer Zeit seines ruhigen Schlafes beraubte und auf welche womöglich Irgendjemand bereits eine Antwort gefunden hatte. Keine Antwort eines Wissenschaftlers, keine eines Mathematikers oder Gläubigen – lediglich die Philosophie ließ ihm von Zeit zu Zeit die Hoffnung, dass es einen Sinn gab. Bereits einige Male hatte er die Weiten Reshantas betreten – viele derer fallen sehen, welche an seiner Seite gekämpft hatten und doch war er nie unter ihnen gewesen. Gab es einen Grund dafür? Hätte er sich von den höchsten Klippen stürzen können, ohne einem Schicksal übergeben zu werden oder hatte er bisher unverschämtes Glück gehabt? Ein leises, eher schneidend frustriertes Schnauben ging von ihm aus, ließ ihn das Buch unsanft zuschlagen, ehe er seine Stirn darauf niedersinken ließ.

Ohnehin war er zu ungehalten – nicht nach außen hin für das Auge Anderer, oh nein, dies verwehrte er sich, so er es nur konnte – es war ein stetig tobender Kampf in seinem Innern, wie er sein Wesen aufwühlte und herausbrach, so er ihm einen brennenden Weg gab – Schneisen zu schlagen und nichts als kalter Asche zurückzulassen. Er rauchte und trank zu viel – schlief hingegen zu wenig…

Wohin waren die grünen Auen seiner Kindheit verschwunden über welche ihn Vincyce, der Altere der beiden Brüder, nur allzu oft im Eifer des Gefechtes gejagt hatte? Damals hatte eine Jagd immer damit geendet, dass er lachend mit dem Gesicht voraus in teils kniehohen Gräsern gelandet war. Wie sie ihn in der Nase gekitzelt hatten… er konnte es aus Erinnerung beinahe erspüren, roch den Duft von Kornblumen, von welchen man ihm in seiner Kindheit erzählt hatte, der Himmel selbst habe ihre Blüten auf Elysea geweint und wären dort nicht die Gedämpften Schritte eines Bibliothekars aus der angrenzenden Halle, hätte er meinen können, den Gesang eines winzigen, trällernden Vogels zu vernehmen.

Die Spiele vergangener Tage und wie war es heute? Ja, heute begann eine Hast damit, dass man betete, nicht der Gejagte zu sein oder einen die Beine im Falle der Niederlage rasch genug trugen, um sich seiner Haut zu sichern.

Weshalb befielen ihn diese Gedanken? Woher kam plötzlich diese Sehnsucht? Er brauchte Schlaf – nur einige kurze Stunden, dann wäre er wieder ganz der Alte mit dem üblichen, scharfen Verstand.



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