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Zwischen Traum und Wachen |
01.07.142
Weich, küsste die gepflasterten Straßen, das Wasser in den Brunnen, die Zweige der Bäume und die Sträucher, die Nacht. Längst war der letzte Glockenschlag eines jeden Tages vorüber geschritten, die Wege leer und das Leben wie geträumt das noch vor Stunden um die Ecken und in und aus den Häusern lief. Wenige Lichter brannten noch sanft in die Nacht hinein und durch die hereingebrochene Stille, die zu dieser Stunde, selbst der Wind nicht trüben wollte mit seinem Flüstern. Es kehrte eine zaghafte Heimlichkeit ein, die Glauben machen wollte die Zeit stünde still und vielleicht tat sie das weil die Meisten im Schlafe vergessen hatten das es sie gab.
Ran hatte keinen Blick dafür während des Heimwegs, dafür aber einen Kopf voller ungeordneter Gedanken, so wirr an Eindrücken wie ein alter Speicher und eigentlich war da nichts. Nichts jedenfalls das wirklich greifbar gewesen wäre oder einen Sinn ergeben hätte. - Diese Unordnung hatte aber längst nicht bloß der jetzt langsam in die Ferne und trotz dessen noch immer so greifbar nahe Abend, angerichtet. Natürlich bedurfte es da mehr als einer einzelnen Ungereimtheit. Es brauchte mehr als das und einen fremden Ausdruck in einem vertrauten Gesicht. Aber die Zeit sorgte für viel Staub und Sand und als Deava hatte man eine Menge davon.
Und was tat man zuletzt mit so einem Tag der längst im Sterben gelegen hatte und lang schon tot war. Man ließ ihn hinter sich und ging zu Bett...
Ran träumte wie so oft während des Schlafes von einer unruhigen Nacht und einem Erwachen das tiefem Schrecken folgte. Da war aber kein sich rühren, trotz dessen das der Körper klitsch nass von kaltem Schweiß war und bebend ob der inneren Unruhe die tobte wie ein Gewittersturm zwischen schwarzen Wolken. Das fahle Licht das durchs Fenster drang malte den Schatten der vor dem Bett stand und um den sich alle Dunkelheit zu sammeln schien damit aus ihm scharfe Konturen wurden in die sich ein Gesicht zeichnen ließ. Als wäre er ohne sie zu einem flüchtigen Eindruck verdammt gewesen. Sein Anblick hinterließ fremde Ängste, die von der Art waren, für die wir keine Namen haben. Chaotisch und nur selten zu finden, meist aber dann in Träumen.
Allein das Gesicht das sich bald zeigte war vertraut, nicht aber was dahinter lag. Wie ein Bild das wir gezwungen sind uns an zu sehn, weil wir nicht fort blicken können und obgleich wir es zu kennen glauben, scheint etwas daran falsch - nicht das wir den Fehler etwa finden würden, so gravierend er auch scheint.
Bald zerrte es an Ran und zu Atmen fiel sehr viel schwerer als eben noch. Eine starke Hand legte sich um den schlanken Hals, unglaublich bestimmt riss sie den Körper in die Kälte und presste ihn gegen die eisige Wand um ihm einen Schauer durch Mark und Bein zu jagen. Wo das Gewitter tobte herrschte jetzt ein Schneesturm und was an Wärme blieb war gerade dies das ihr den Atem nahm. Seine Hand. Noch immer unfähig aber sich zu rühren, als wäre jede Bewegung zu einem Kunststück geworden, das zu lernen man Jahrzehnte brauchte, war alles was ihn traf ein ungläubiger Blick aus großen Augen in der die Angst viel zu nah bei der Gleichgültigkeit lag. Ran wusste was kommen würde ohne es auch nur zu ahnen.
Feuer und Flamme, grell lodernd in wilden, hassenden Augen und diese Wut richtete sich gegen alles, gegen alles was war und niemals sein würde. Und so verloren die Dinge an Farbe und Form, wich jegliches Sein erst grellem Licht dann tiefster Dunkelheit. Unter ihren Füßen der Abgrund und alles was sie hielt war woran sie zu ersticken drohte. Wie in Todessehnsucht die nach dem Leben schrieh umgriffen die kühlen Arme das Feuer um darin zu verbrennen - es blieb ein stirb und werde...
Jetzt schrack Ran hoch, nach Atem ringend wie ein Verdurstender nach Wasser. Sie riss das Laken zur Seite und bald war das Bett verwaist, dafür das Fenster aber weit offen. Kühl schlug ihr der Wind entgegen, fuhr durchs klamme Haar. Schwer auf das Fensterbrett gestützt unter dessen schien die Kälte ein willkommener Gast. Wenig später sank das Haupt nach vorn und alles was ihr in den Sinn kam lag schon bald, nüchtern aber geflüstert auf den blassen Lippen: 'Scheisse' Mehr gab es ihrer Ansicht nach dazu auch garnicht zu sagen. Es war nicht der erste Traum dieser Art gewesen, das wusste sie und es würde nicht der Letzte sein, aber er würde sie auch den Rest der Nacht nicht mehr in Ruhe lassen.
Trotz dieser Gewissheit rang die Müdigkeit um den ihr zustehenden Schlaf und bald gab Ran ihr nach. Dabei war die letzte stille Nacht, wenn auch die einzige innerhalb der vergangenen Jahre, noch garnicht lange her - sie wusste an welche Tür sie klopfen müsste. Die Vorstellung diesem elenden Bastard aber zu sagen was er hören wollte ließ sie streiken.
Nachdem sie zum dritten Mal schweißgebadet aus dem Schlaf gerissen die Decke zur Seite geschlagen hatte schien der Gedanke erträglicher geworden. Bald war das Zimmer leer und leise fiel eine Tür ins Schloss. Heimliche Schritte auf Treppe und Flur verhallten und wo sie im Haus wieder die nächtliche Stille hinterließen waren sie bald draussen auf dem Weg zu hören, fortführend vom Grundstück des Legionshauses.